Gruppe Hirschenstraße - auf Künstler schießt man nicht!
Ralf Siegemund
In Deutschland kam es während der 80er Jahre zu einer zuvor kaum
dagewesenen Durchdringung von Musik und Kunst. Ralf Siegemund gehört
zu den zahlreichen Künstlern, die in beiden Welten agierten und die
subkulturelle Szene mit am Laufen hielten. Einerseits mit seinen bildnerischen
Arbeiten und andererseits indem er maßgeblich an der Gestaltung
der Diskothek "Kitsch" und seinem musikalischen Programm beteiligt
war. Er erfüllte die Rolle des Künstlers als Gesellschafter
- oder im Kippenbergerschen Sinne des "Familiengründers"
- indem er über zahlreiche Kontakte das Netzwerk Hirschenstraße
aufbaute.
Seine Aktionslust manifestierte sich jedoch in erster Linie in seiner
Malerei, der er zeitweise wie besessen nachging, nach dem Motto: "Lieber
zu viel als zu wenig". {7 }
Es ging ihm, wie den anderen Hirschenstraßen-Künstlern, nicht darum die Frage nach gut oder schlecht zu beantworten, sondern möglichst viel publik zu machen und zur Diskussion zu stellen. Auch wenn er sich damit direkt in den Zeitgeist einklickte, stieß seine, damals vor allem von den "Jungen Wilden" inspirierte Malerei, außerhalb der Szene oft auf großes Unverständnis. Seine Kunst löste Debatten aus, die bis in die Tageszeitungen führten. Es war aber die Zeit, in der es nicht darum ging, als Künstler oder Musiker verstanden zu werden.
Über diese heftige bis laxe Form des Ausdrucks fand Ralf Siegemund sein Thema im Menschen und seinen Verstrickungen. Der Instabilität menschlichen Daseins nachspürend, wandelte sich sein Malstil. Seine einfühlsam dargestellten Figuren erscheinen zart, fast zerbrechlich und betonen das Gefühl im langsam verebbenden "Gefühl und Härte"-Zeitgeist der 80er Jahre.