Reinhard Knodt
EGO - "Ich mir selbst und Dürer"
Zur Ausstellung vom 16. 5. 2012 (Dürerjahr) in der Kreisgalerie
Nürnberg
Meine sehr verehren Damen u. Herren, liebe Freunde,
Eine philosophische Überlegung mit einer Kunstausstellung zu verbinden, hat eine gewisse Tradition und ich freue mich, hier anschließen zu dürfen. Andererseits ist es nun aber auch recht schwer, ein so abstraktes Thema wie den Ego-Begriff der neuzeitlichen Philosophie mit rund zwanzig hier ausgestellten Arbeiten zu verbinden, ohne dabei gravierende Fehler zu machen. Erlauben Sue mir daher bitte, dass ich deswegen zunächst eine ganze Reihe unwichtiger philosophischer Fragen abhandle, bevor ich dann zum Wichtigsten komme.
I. Der Titel: Ich mir selbst & Dürer
"Ich mir selbst & Dürer". - Zweifellos dominiert in diesem Titel ein Zentralbegriff der europäischen Geistesgeschichte, und zwar nicht nur in den ersten drei Bestandteilen, sondern auch im vierten, denn zu dessen bekanntesten Arbeiten gehören zweifellos die immer wieder hergestellten Selbstportraits, etwa das Selbstbildnis im Pelzkragen, das Nürnberg schmerzlich vermisst, das im Louvre, oder aber das mit der gestreiften Mütze von 1498, das uns jetzt auch ins Zentrum der Angelegenheit führt: Man redet ja gern bescheiden von der "künstlerischen Arbeit", als wäre sie eine Arbeit wie jede andere. Aber das stimmt nur teilweise, denn seinem Anspruch nach arbeitet der Künstler nicht nur an seinem Werkstück, sondern, wie es die Klassik ausdrückte, "am kostbarsten Marmor der Welt, an sich selbst." Die Stationen der Künstlerbiographie, also die "Berufung", die Ausbildung, der erste Achtungserfolg, schließlich Durchbruch und Wirkung sind dabei untrennbar mit der Ich-Arbeit verknüpft. Ich Arbeit heißt, das "Ich" des Künstlers bildet sich verändert sich, gerät in Krisen und Konflikte, bis es dann beim "gereiften Künstler" wieder zurücktritt und gewissermaßen nur noch hinter dem Werk weiterglüht oder gar mit der Arbeit zur Ikone verschmolzen ins Verehrungsarsenal der umgebenden Gesellschaft wandert.